Wir staunten nicht schlecht als unser Trainer Benni bei der ersten Mannschaftsbesprechung in Cesenatico den Titelgewinn als Saisonziel für die zweite Bundesliga ausgab. Für mich als Neuling beim DSW Darmstadt bedeutete das, dass ich mich von jeden Ambitionen für Starts in der zweiten Liga verabschiedete. „Die schwimmen doch alle viel zu schnell“, dachte ich mir und freute mich auf eine entspannte Saison mit den Jungs aus der Hessenliga, doch es sollte anders kommen.
Eine Woche vor dem ersten Zweitligarennen in Neckarsulm informierte mich Benni, dass ich dort starten sollte. Als ich mich daraufhin mit der Ausschreibung für dieses Rennen beschäftigte wurde mir klar, dass in Neckarsulm alles andere als ein gewöhnlicher Triathlon ausgetragen werden sollte. Am Morgen stand zunächst ein Swim & Run (500/1,25) auf dem Programm, am Mittag sollte dann ein kompletter Triathlon mit Jagdstart ausgetragen werden (600/20/5). Kurz zusammengerechnet ergab das 1.100 Meter Schwimmen, bevor ich mich endlich aufs Rad setzen durfte – verdammt viel!
Trotzdem reisten wir zwar als Außenseiter, aber dafür mit umso besserer Laune nach Neckarsulm. Neben mir sollten Jo Gatermann, Steffen Kundel, Luca Füssler und mein Trainingspartner Finn Arndt für den DSW an den Start gehen. Eine tolle Truppe, die schon im Trainingslager super harmoniert hatte. Es war Ende April und das Wetter hatte nochmal umgeschlagen, sodass uns Neckarsulm mit eisigen 7 C Außentemperatur und leichtem Schneeregen empfing. Zum Glück fand das Schwimmen im warmen Hallenbad statt. Los gings mit dem Swim & Run, Einzelstart mit einem Abstand von 15 Sekunden. Als letzter Darmstädter durfte ich auf den Startblock, Startsprung und ab geht’s. Zu meiner eigenen Überraschung wurde ich beim Schwimmen nur von einem Athleten überholt und beim Laufen machte ich sogar noch zwei Plätze gut. Nach gut zehn Minuten war der Spuck schon wieder vorbei, Platz 46, gar nicht so schlecht. Meine Teamkollegen waren mit ihren Rennen leider nicht zufrieden. Kein Darmstädter hatte sich in den Top 10 platzieren können.
Vor dem Verfolgungsrennen war die große Frage, ob wir uns angesichts der kalten Temperaturen Windjacken oder sogar Handschuhe in der Wechselzone legen sollten, damit wir beim Radfahren nicht auskühlen. Kollektiv entschieden wir uns, ohne Kälteschutz zu starten und bildeten damit im Feld die absolute Ausnahme. Ein Risiko das sich später auszahlen sollte, denn während viele andere Athleten beim Wechsel vom Schwimmen aufs Rad unnötig Zeit verloren, konnten wir sowohl Zeit las auch Plätze gutmachen. Als ich an Position 50 aus dem Schwimmbad stürmte, rief mir Benni zu: „Jetzt beginnt dein rennen!“ und das nahm ich mir zu Herzen. Schon am ersten Anstieg konnte ich scharenweise Konkurrenten abhängen, sodass ich bereits zu Beginn der zweiten von vier Radrunden zu Luca und Steffen auffuhr. Jo lag zu diesem Zeitpunkt in der Spitzengruppe, Finn in der Verfolgergruppe und wir anderen drei auch nicht weit dahinter. Nicht so schlecht, vielleicht werde ich ja doch nicht das Streichergebnis, dachte ich mir, als ich mich am letzten Anstieg zusammen mit Steffen von unserer Gruppe lösen konnte. Dann gings auf die Laufstrecke und auch die hatte es in sich. Steffen machte das Tempo, ich hinterher. So sammelten wir weitere Athleten ein und am Ende konnten wir sogar an Finn vorbeiziehen. Im Ziel lag Jo sensationell auf Platz 4, Steffen, ich und Finn auf den Plätzen 7 bis 9 und Luca mit Platz 11 schon das Streichergebnis, Wahnsinn, Tagessieg, Tabellenführung und eine riesige Motivation für die nächsten sechs Wochen bis zu unserem Heimrennen am Woog.
In der Vorbereitungsphase für das zweite Saisonrennen beim Darmstädter Woogsprint entwickelte sich in unserer Trainingsgruppe ein unglaublicher Spirit. Jeder war bis in die Haarspitzen motiviert, gab in jeder Trainingseinheit alles und auch die Jungs aus der Hessenliga zogen großartig mit. Sowas habe ich vorher noch nie erlebt.
Dann war er da, unser großer Tag, die gleiche Aufstellung wie in Neckarsulm, alle Jungs in Topform, tolles Wetter, viele Zuschauer. Der Startschuss fiel, Sprung ins Wasser und schon nach wenigen Metern fand ich mich in einer riesigen Prügelei wieder. Auf Platz 57 kam ich nach einer indiskutabel schlechten Schwimmleistung aus dem Wasser und auch die geplante Aufholjagd auf dem Rad war schon nach einigen Kilometern beendet. Vor mir gingen einige Athleten zu Boden, sodass ich dem Sturz nicht mehr ausweichen konnte. Das Rennen beendete ich natürlich, allerdings abgeschlagen auf dem letzten Platz. Zum Glück zeigten meine Teamkollegen eine weitaus bessere Leistung. Angeführt von einem bärenstarken Finn konnten sie geschlossen zwischen Platz 10 und 15 finishen. Das reichte erneut zum Tagessieg, Heimrennen gewonnen, Tabellenführung ausgebaut. Da war auch der Frust über das eigene Katastrophenrennen recht schnell vergessen.
Drei Wochen später gings am Rothsee weiter. In der Tabelle führten wir mittlerweile mit zwei Punkten vor den Lokalrivalen aus Griesheim und vier Punkten vor dem Team aus Neckarsulm. Bei uns wurde Steffen Kundel durch Frank Kalbfleisch ersetzt, der sein Debüt in der zweiten Liga geben durfte. Für mich ging es darum, vor allem im Schwimmen eine bessere Leistung als beim Woogsprint zu zeigen. Der Rothsee präsentierte sich uns als die perfekte Location für einen tollen Triathlontag. Super Wetter, eine schöne Strecke und eine tolle Atmosphäre. Das Schwimmen lief bei mir besser, sodass ich mich nach hartem Radfahren zum Ende des Radparts in einer großen Verfolgergruppe zusammen mit Finn, Luca und Frank wiederfand. Jo befand sich nach erneut starker Schwimmleistung in der Spitzengruppe. Leider konnte er diese gute Ausgangsposition nicht nutzen und fiel beim Laufen weit zurück. Auch Finn, Frank und ich konnten keine ideale Laufleistung zeigen. Da machte sich meine erste Mitteldistanz in der Vorwoche doch deutlich bemerkbar, sodass ich am Ende auf Platz 30 ins Ziel kam. Einzig Luca konnte auf der Laufstrecke überzeugen und lief sich noch in die Top 10. Das reichte in der Tageswertung nur zu einem enttäuschenden sechsten Rang, wodurch auch die Tabellenführung an Neckarsulm verlorenging. Entsprechend sauer machten wir uns auf den Heimweg, wobei es für Luca und Jo direkt weiter nach Düsseldorf ging, wo sie am nächsten Tag in der ersten Bundesliga starten sollten.
Rennen vier in Tübingen fand dann ohne mich statt. Nachdem wir alle nach den anstrengenden Wochen im Mai und Juni ziemlich platt waren, hatte Benni zunächst mal einen Grundlagenblock eingeplant, um uns fit für die zweite Saisonhälfte zu machen. Von meinem Urlaub in Kanada aus machte ich die Nacht zum Tag, um im Liveticker zu verfolgen wie sich Jo, Finn, Luca, Steffen und Frank in Tübingen schlugen. Leider konnten die Jungs keine absolute Topleistung abrufen (immer einfach zu sagen, wenn man selbst nicht dabei ist), sodass Luca am Ende der einzige Darmstädter in den Top 10 war. Das reichte in der Tageswertung zu Platz vier und damit weiterhin den zweiten Platz in der Tabelle.
Anfang September stand dann in Baunatal das Finale der Zweitligasaison auf dem Programm. Wegen einiger Ausfälle mussten wir die Mannschaft komplett umbauen. Neben Finn und Jo kamen Reinhard Becker und Daniel Pittich ins Team und auch ich musste trotz Verletzung im Knie nochmal ran. In Baunatal wurde ein Teamsprint ausgetragen, wobei das Schwimmen am Morgen getrennt vom Radfahren und Laufen absolviert werden musste. Hier war echter Teamgeist gefragt, denn die Mannschaftsmitglieder mussten während des gesamten Rennens zusammenbleiben. Nachdem wir sowohl das Schwimmen als auch das Radfahren im Team bereits in der Vorwoche geübt hatten, wähnten wir uns gut vorbereitet. Als dann der Startschuss fiel, schwammen Reinhard und Finn aber mit so einem hohen Tempo vorneweg, dass Daniel und ich kaum dranbleiben konnten. Schließlich kämpfte ich mich dann doch durch und konnte als vierter Mann in sensationellen 9:46 Minuten anschlagen. Das bedeutete für mich die beste Schwimmleistung meines Lebens und eine gute Ausgangssituation für das abschließende Verfolgungsrennen. Es ist aber schon frustrierend zu sehen, dass man selbst voll am Limit schwimmt, während die Kollegen bei gleichem Tempo ein paar Züge auf dem Rücken absolvieren können.
Für den Bike & Run Teil sollte dann das Wetter eine entscheidende Rolle spielen. Starker Regen machte die Straße zum Teil spiegelglatt, was einigen Mannschaften auf dem Rad zum Verhängnis wurde. Wir fanden eine gute Mischung aus hohen Geschwindigkeiten auf den Geraden und absoluter Vorsicht in den Kurven und schoben uns mit der besten Radzeit des Tages bis auf Platz zwei nach vorne. Als dann auch noch der Tabellenführer aus Neckarsulm stürzte, schien kurzzeitig sogar der Meistertitel für den DSW möglich zu sein. Auf der Laufstrecke gaben wir dann alles um Jo, unseren vierten Mann, schnellstmöglich ins Ziel zu schieben. Ein paar Teams mussten wir dabei noch vorbeiziehen lassen, sodass wir auf Platz fünf der Tageswertung ins Ziel kamen. Hauchdünn reichte das, um unseren zweiten Platz in der Gesamtwertung zu behalten. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung bei allen DSWlern, zumal wir auch noch den Sieg in beiden Hessenligen zu feiern hatten.
So geht also eine einzigartige und erfolgreiche Saison zu Ende.
An dieser Stelle vielen Dank an das komplette Team aber besonders an Coach Benni, der trotz Staus, vergessener Laufräder oder verlorener Zeitnahme Chips nie die Geduld verloren und uns immer toll unterstützt hat.
Uwe Drescher