Triathlon Team DSW Darmstadt

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Transalpine Run – zwischen “komm, lass wandern” und #speedup

Dieses Jahr wollte ich mal wieder einen Blick über den Tellerrand der Triathlonbubble werfen und habe mich relativ blauäugig mit einer Freundin beim Transalpine Run, einem Etappenrennen über die Alpen angemeldet. Das Rennen startete dieses Jahr in Hirschegg im Kleinwalsertal und endete ca. 245 km und 14.000 HM entfernt in Prad am Stilfserjoch. Das ganze aufgeteilt auf 7 Tage. Im Schnitt läuft man also ca. 41 km und 2.100 HM pro Tag. Den Ruhetag, der eigentlich keiner ist, mal ausgenommen.

Wie bereitet man sich also auf so ein Abenteuer vor? Was ist dafür notwendig und wie kommt man lebend wieder raus?
Solche Fragen frage ich HAUPTsächlich und am liebsten Felix – unseren gemeinsamen Freund, durch den wir überhaupt erst als Frauen-Team zusammengefunden haben. Franzi hatte diesen Traum und schwupps waren wir angemeldet. Genauer gesagt dachte ich, die vorher noch nie von dem als Tour de France für Ultratrailläufer bezeichneten Event gehört hatte, dass ich an sich Berge und Laufen mag und Bock auf ein Abenteuer habe. Dass man dafür aber doch etwas mehr trainieren sollte, wurde mir später so klar wie ein Bergsee. Das schöne daran ist, dass man sich abseits von Wattmessung und bestimmten Paceangaben bewegt und das Training entsprechend nach Gefühl, Stimmung und als Team angehen kann. Zuerst sollten wir robust werden (danke an Petra und ihr Hardcore-Athletikprogramm) und dabei geschmeidig bleiben (danke an Anne und Stef für die Yogastunden). Über Frühjahr und Sommer kamen dann 4 Mini-Trainingslager in etwas alpinerem Gelände dazu, um uns kennenzulernen, aufeinander einzustellen und Ausrüstung zu testen. Außerdem reichten Frankenstein und Melibokus als Trainingsrevier irgendwann nicht mehr aus und mit unseren neuen Carbon-Stöcken wollten wir auch nicht durch den Bürgerpark klimpern. Der Kampf durch die riesigen Schneemengen in Schwarzwald und Allgäu und der im Vergleich zu TAR-Etappen absolvierten kurzen Distanzen brachten uns den nötigen Respekt. Es kamen längere Radtouren hinzu um die Belastung auf die Gelenke gering zu halten. Ein klarer Vorteil wenn man sowieso gewohnt ist, mehr als eine Sportart zu trainieren.
Eine gewisse orthopädische Unversehrtheit, Respekt vor Blasen und eine gute und vor allem große Verpflegungsstrategie sollte man außerdem mitbringen. Außerdem braucht man einen geeigneten Partner, mit dem man über alle Berge und Täler rennen oder auch mal eiern kann und will. Man darf sich maximal 2 Minuten voneinander entfernen – neben dem sportlichen Aspekt ist also auch ein gutes Miteinanderauskommen nicht zu unterschätzen. Damit hatten wir aber zum Glück gar keine Probleme, hatten viel Spaß zusammen und dem erneuten gemeinsamen Start in der Master-Women-Kategorie in ein paar Jahren steht nichts mehr im Wege!

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Aber jetzt zum eigentlichen Rennen: Wir hatten, als völlige Neulinge, ein Übernachtungspaket dazu gebucht das uns garantieren sollte, dass jeden nachmittag unsere Reisetaschen in einem neuen Hotel auf uns warten, wir sehr früh morgens ein reichhaltiges Frühstücksbuffet vorfinden und wir einen nicht allzu strapaziösen Weg vom Bett zum Start und vom Ziel zum Bett haben. Vor allem letzteres hat leider von Orgaseite nicht ganz so gut geklappt und gleich am ersten Tag wurden wir nicht wie versprochen vom Shuttle abgeholt. Schnell ins Taxi und grade noch rechtzeitig ganz hinten in den 2. von 3 Startblöcken reingesneakt. Bei den ersten beiden Etappen laufen nochmal 200 Teams mehr mit (es gibt eine Extrawertung für den „RUN2“) und so wurde es ganz schön kuschelig auf den Pfaden. Gerade bei den bergauf- und technischen Passagen gab es nahezu keine Möglichkeit andere Teams zu überholen und so schwammen wir uns an Tag 1 gemütlich in der Menge ein. Eigentlich passte das auch recht gut zu unserem (nein, eigentlich Felix’) Plan am Ende fitter als am Anfang zu sein. An den darauffolgenden Morgen, (es wurde je nach Etappenlänge und Platzierung zwischen 7 und 8 Uhr gestartet) konnten wir uns dann, nach erfolgreicher Impf- und Ausrüstungskontrolle, meist weit vorne im zweiten Block einsortieren und unsere Position in der Läuferkette vor den steileren und schmalen Anstiegen selbst bestimmen. Meistens schläft man im Tal und biegt nach kurzer Dorfbesichtigung ab Richtung erstes Joch. Bis ein Downhill kommt, wo die Leistungslevel zwischen Profi und Amateuren nochmal viel weiter auseinander gehen, hat sich das Feld dann schon weit genug auseinander gezogen.
Jeden Tag gibt es 2-4 Anstiege (und evtl. ein paar Gegenanstiege die man bei den vielen Höhenmetern irgendwann aber nur noch als Wellen wahrnimmt) zu bewältigen und je nach angepeilter Etappendauer 2-4 Verpflegungsstellen, die häufig an Berghütten gelegen sind. Leider haben wir nie Zeit um uns dort in die Sonne zu setzen. Dafür können wir ungläubig andere Teilnehmer beobachten die sich dort mit teilweise Unmengen an Knödeln, Tortellini oder Porridge verpflegen. Ganz so mutig sind wir nicht, aber Gurkenspalten mit Extrasalz und Staub mit Zucker aka Rührkuchen vom Supermarkt funktionieren gut. Außerdem ganz viel Iso! Zusätzlich haben wir immer noch Gels und Riegel im Gepäck und freuen uns vor allem immer darüber die Wasserflaschen auffüllen zu können. Es war jeden Tag warm bis heiß und meistens knallte auch noch die Sonne herunter. Leider ist Wasser ja sehr schwer und so mussten wir es uns gut einteilen. Was wir gelernt haben: Wasser und Essen nur vorne im Rucksack (schaukelt deutlich weniger), alles andere Hinten (Erste-Hilfe-Set, Regenkleidung, Mütze, Handschuhe, Handy, Maske … alles obligatorisch) Für die echten Leistungssportler gab es ca. 5km vor dem Zieleinlauf mit der VP-Schnaps noch ein weiteres tägliches Highlight: von einem pink gelockten Herren im Tutu wurde allen Athleten lautstark Sekt, Schnaps und Zigaretten angeboten. Gesegnet mit dem Weihrauch von ebendiesem rückte das tägliche Etappenziel wieder ein Stück näher.

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Im Ziel hieß es dann erstmal alle Stände abklappern und genug Essen und Trinken aufnehmen, umziehen, Schuhe aus, evtl. ein Kneippbecken suchen und kurz ausruhen. Dann zu Fuß oder mit dem Shuttle ins Hotel, duschen, kurz schlafen (wer kann) und alles tun was der Regeneration beiträgt. Ein kleines aber feines Reizstromgerät erweist sich als große Freude und treuer Begleiter. Dann wieder los zur Eventarea, Pasta-Plausch (darf sich wegen Pandemie nicht mehr Party nennen, aber eigentlich ist alles wie gehabt) – es gibt Pasta, manchmal Live-Musik und dann die lauteste – und im Verhältnis der hohen Anzahl an zu Ehrenden der einzelnen Kategorien – schnellste Siegerehrung die ich je gesehen habe, Leader-Shirt-Übergabe, noch ein kurzer „Champions-Dance“, Streckenbriefing für den darauffolgenden Tag (die Strecke ist immer länger als der Race Director sagt) und ab nach Hause. Füße und Beine einbalsamieren, Nahrung und Kleidung für die nächste Etappe vorbereiten, Koffer packen. Die Routine hilft, es läuft im wahrsten Sinne des Wortes. Wecker klingelt – 5:45 – dunkel, kalt, und täglich grüßen die Murmeltier-Beine. Obwohl, so schwer sind sie erstaunlicherweise gar nicht. Da haben sich die Trainingskilometer doch ausgezahlt.

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An Tag 5 (wir sind inzwischen in Klosters in der Schweiz angekommen, da 2021 die „Westroute” gelaufen wird) gibt es eine willkommene Abwechslung. Ausschlafen und nur ein Bergsprint ganz ohne Gepäck. Auf etwa 9km und knapp 1.000 HM geht es vom Ort erst wellig, dann steiler hoch zum Hausberg Madrisa. Gestartet wird im 10 Sekundentakt nach umgekehrter Gesamtplatzierung. Wir lassen den Ruhetag bewusst ruhig angehen, liegen bisher gut im Mittelfeld und kommen noch vor den Führenden ins Ziel.
Damit war die Grundlage für die beiden letzten und härtesten Etappen gelegt – ca. 48 und 45km mit jeweils 2.400 HM rauf bis auf 2.975 üNN – da ist man schon mal 7-8 h unterwegs. Zu Hause wird angeblich schon auf unsere Attacke gewartet und die kommt auch: ich attackiere bergauf im Racemode vorbei am Radiomann und dicht an den Haken der flinken Schweizerinnen, und Franzi gibt bergab Vollgas im Kniekillergelände und über Knöchelbrecherwurzeln. Jeder bei der Hangneigung, die er eigentlich nicht so mag. So ergänzt sich das sehr gut und wir rollen das Feld von hinten auf. Leider fliege ich bei einer Wurzel etwas zu weit und Franzi sieht nur noch eine grobe Staubwolke um mich herum. Halb so wild und weitergeht’s. Ausgerechnet ich, die sich immer über die technischen Trails freut und gefühlt lässig übers Blockgelände hopst während andere in Klostellung herumkrebsen (ich kann immerhin schon eine 25-jährige alpine Erfahrung vorweisen) bin doch einmal zu viel umgeknickt und der letze Tag wurde ziemlich schmerzhaft. Mit überdehnten Bändern (wie sich zu Hause in der Praxis des weltbesten DSW-Orthopäden – DANKE – herausstellt) lässt sich nicht mehr so geschmeidig laufen. Ein bisschen leiden muss jeder Finisher des TAR und so werden nochmal die Zähne zusammen gebissen, die Grenze nach Italien überquert und nach knapp 7h und der besten Gesamtplatzierung aller Etappen in Prad am Stilfserjoch ins Ziel eingelaufen.

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Insgesamt waren wir 41h 21min unterwegs, Gesamt 94. Team (von ca. 300) und 8. Frauenteam.

Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden, aber viel wichtiger ist sowieso die Erfahrung und das Erlebnis die so ein Teamrennen mit sich bringt. Auch wenn man nach so einem Abenteuer eigentlich erstmal Urlaub vom Urlaub braucht, hat es sich mehr als gelohnt und ich bin sehr glücklich dass Franzi, meine perfekte Partnerin in crime, mich gefunden hat. MERCI :-*

Wer noch mehr Eindrücke gewinnen möchte: die Etappenvideos vom TAR-Team sind sehr bewegend und können eventuell zu der ein oder anderen Anmeldung führen.
Sollte es soweit kommen, ich gebe gerne eine Dose Vaseline aus. ;-)

Anne Hauck

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