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Gert Blumenstock beim Norseman Xtreme Triathlon – The Black T-Shirt Contest

Es gibt dutzende Langstrecken-Triathlons mit den klassischen Distanzen 3,8 km schwimmen, 180 km radfahren und Marathonlauf. Beim Norseman in Norwegen sind die Streckenlängen dieselben. Aber alles andere ist anders. Spektakulär anders. In Kurzform: Schwimmen im eiskalten Fjord, Radfahren über fünf Berggipfel und das Ziel des Marathonlaufs ist in Höhe von 1.880 Metern auf dem Gaustatoppen.

Der Wettkampftag in Eidfjord an der norwegischen Westküste beginnt am vergangenen Samstag früh. Das Rad wird nicht am Vorabend, sondern vor dem Schwimmstart eingecheckt. Martin und ich stellen uns so gegen drei Uhr in die Reihe der anderen Athleten. Beim Norseman ist ein Support-Team vorgeschrieben, denn auf der Radstrecke und anfangs auf der Marathonstrecke gibt es keine Verpflegung vom Veranstalter. Das müssen die Athleten selbst organisieren. Rund 300 Triathletinnen und Triathleten stehen auf der Startliste des Norseman 2016.

01_Schwimmen im Fjord Vom Bike-Check-In gehe ich direkt auf die Fähre, die um vier Uhr ablegt und die Starter die 3,8 km in den Fjord hinausfährt. Und hier wartet schon die erste Herausforderung. Ins eiskalte Wasser geht es nur mit einem Sprung von Bord. Es ist im Vorfeld nicht herauszukriegen, wie tief man springen muss: die Angaben reichen von 1,5 bis fünf Metern. Ich stehe jetzt an der Kante, es ist kurz nach vier Uhr und stockdunkel. Unter mir schwappt das Wasser gegen den Schiffsrumpf. Die Wassertemperatur liegt bei 13 Grad, wie wir am Vortag beim „dringend empfohlenen“ Testschwimmen leidvoll feststellen mussten. Ich habe mir vorgenommen vorzugehen und nicht lange zu überlegen. Kurzer Blick nach unten. Das ist aber tief, denke ich mir und springe. Ich springe ins Nichts. Meine Schwimmbrille fest umklammert, tauche ich ein, der Neo hilft, dass ich schnell wieder an die Wasseroberfläche komme. Ganz schön kalt, aber es geht. So jetzt muss ich nur noch zur Startlinie schwimmen, die von einigen Kajaks markiert wird und über 100 Meter von der Fähre entfernt ist. Ab und zu drehe ich mich auf den Rücken und sehe, wie die anderen von der Schiffsrampe springen. Das Ganze erinnert an den Film Titanic – ein einsames, hell erleuchtetes Schiff in der Dunkelheit im Eismeer und Menschen, die im Wasser schwimmen.

02_Kein Problem mit Drafting Dann: Das Schiffshorn ertönt und los geht´s. Geschwommen wird rund 3,3 km an der Steilküste des Fjords entlang und dann an der einzigen Boje des Schwimmkurses nach links zum Schwimmziel. Wie in der Wettkampfbesprechung vorhergesagt („Die Strömung wird gegen Euch sein“) ist das Schwimmen sehr anstrengend. Relativ hohe Wellen machen dem Schwimmfeld zu schaffen. Meine Sailfish-Neosocken leisten gute Dienste. Kalt werden mir mit der Zeit nur die Hände und das Gesicht. Die Boje ist erreicht, den Rest schaffe ich auch noch. Raus aus dem Wasser und Martin wartet schon beim Rad und hilft mir beim Umziehen. Da es in den nächsten 40 km mit dem Rad auf 1.200 m hoch geht und es nicht regnet, entscheide ich mich für eine kurze Radhose, Tria-Top, Helmmütze und Armlinge. Mit meinem Support-Team, dem auch Tobi und Maik angehören, ist vereinbart, dass wir uns bei Kilometer 20 zum ersten Mal treffen. Fehleinschätzungen bei der Bekleidung können so recht schnell korrigiert werden. Es geht mit dem Rad erst flach und dann immer steiler aus dem Städtchen hinaus. Wir radeln auf der großen Landstraße, die durch viele Tunnel führt. Die Triathleten umfahren die Tunnel auf Radwegen, die einzigartige Blicke in eine Schlucht mit einem reißenden Fluss ermöglichen. Ein Teil dieser Rad-Route ist wegen eines Erdrutsches aber gesperrt. Das Feld der Radler muss auf die Straße ausweichen, die Tunnel werden für Autos gesperrt. Und das hat fatale Folgen. Manche Support-Teams sind schon durch, meines steckt im Stau. Andere Wettkämpfer erhalten Verpflegung und warme Klamotten, ich fahre weiter. Km 30, Km 40 – noch nichts von meinen Jungs zu sehen. Ich bin fast oben, es wird neblig, fängt an zu regnen. Langsam geht mir meine Notverpflegung aus. Auf dem Gipfelpass fahren die Radler rechts ran und lassen sich versorgen. Ich radle weiter. Der Regen ist noch stärker geworden. Ich zittere und kann kaum noch den Triathlon-Lenker halten. Die Luft hat nur noch vier Grad. Ich habe noch einen Riegel und etwas Gel in der Flasche. Mittlerweile bin ich bei Kilometer 60. Langsam müssten sie mal kommen, sonst habe ich ein Problem. Und endlich: Mein Support überholt mich, fährt rechts ran und es gibt den ersten Halt. Wie bei einem Formel-1-Boxenstopp bin ich von Helfern umringt. Es gibt neue Trinkflaschen, eine Banane, Maik hilft mir, die Beinlinge anzuziehen, Martin hält die Regenjacke, während Tobi mich mit einem Handtuch abrubbelt. Gestärkt und in warmen, trockenen Klamotten geht es weiter. Bis zum Ende der Radstecke machen wir regelmäßige Verpflegungsstopps. Ab jetzt funktioniert alles super. Die Radstrecke hat insgesamt 3.500 Höhenmeter. Es regnet wieder und windet sehr stark – leider meistens von vorne. Ich fahre mein Tempo, überzocke nicht und habe dann auch den letzten Pass geschafft. Jetzt geht es runter ins Tal zu den Laufschuhen. 03_Schlussanstieg Hier wartet Martin schon. Ich ziehe mich komplett um. Es tut gut, trockene Sachen anzuhaben. Die Laufstrecke führt zunächst auf einer Landstraße zurück in die Berge. Es ist wellig, aber nicht steil. Wir müssen auf der linken Straßenseite laufen, weil Autos unterwegs sind, die einem entgegen kommen. Mein Support-Team und ich machen alle zwei Kilometer einen Verpflegungsstopp. Ich spüre meine Oberschenkel. Nach und nach kommen Athleten von hinten, die mich überholen. Langsam wird mir mulmig. In den Tagen vor dem Start im Tricamp, bei der Startnummernausgabe oder im Café gab es nur ein Thema. Alle wollen das schwarze Finisher-T-Shirt haben. Das bekommen aber nur die Triathletinnen und Triathleten, die es auf den Gipfel des Gaustatoppen geschafft haben. Nur 160 Starter werden hochgelassen und es gibt eine Cut-Off-Zeit bei der 32,5 km-Marke. Mein Team beruhigt mich. „Du liegst gut laut Live-Tracking“, höre ich. Nach 25 km kommt der Berg der Entscheidung. Es geht von der Landstraße links weg zum Zombie-Hill – einer steilen asphaltierten Pass-Straße mit unzähligen Kehren. Ich versuche gar nicht zu joggen, sondern fange an zu gehen – wie alle anderen vor oder hinter mir. Mittlerweile sind auch Martin, Tobi und Maik dabei, denn die Supporter dürfen jetzt dabei sein. Gels und Cola gibt es aus dem Rucksack. Es ist anstrengend. Zwölf Stunden Wettkampf liegen hinter mir – und die Luft wird dünner. Nicht nur, weil es nach oben geht. Wir rechnen, ob ich die Cut-Off-Zeit schaffe. Müsste eigentlich klappen. 04_Im Ziel Ich versuche, etwas schneller zu machen. Wir können einige vor uns überholen. Und jetzt läuft es, wir passieren die 32,5 km-Marke, erreichen schließlich den berühmten Kilometer 37,5. Hier geht es auf den Gipfel. Ich bin dabei, ich darf hoch. Wir klatschen uns ab, die Freude ist groß. Eine kleine Fotodokumentation. Ein Racemarshall kontrolliert den vorgeschriebenen Rucksack mit warmen Klamotten, Verpflegung, Taschenlampe und Handy, den jeder Athlet aus Sicherheitsgründen mithochnehmen muss. Es regnet nicht mehr, es ist neblig. Wir müssen über Stock und Stein nach oben. Wettkampfdauer mittlerweile 14 Stunden. Einen richtigen Weg gibt es nicht. Es ist höllisch anstrengend mit der belasteten Beinmuskulatur über die steilen Felsen zu balancieren. Jetzt bloß nicht umknicken. Und im Nebel ist jetzt die Bergstation zu sehen. Noch einige Treppen – und es ist geschafft. Ich bin im Ziel des Norseman nach 15:14 Stunden und im Besitz eines schwarzen Finisher-T-Shirts.

05_Finisher Fazit: Die Strapazen haben sich gelohnt. Der Norseman ist ein außergewöhnlicher Triathlon in einer traumhaften Landschaft. Die Organisatoren haben mit ihrer Definition recht: „It´s not a competition, it´s an experience.” Wer starten will, benötigt aber zunächst Losglück. Denn die Nachfrage ist so groß, dass die Startplätze verlost werden. Und die Startliste des Norseman heißt auch nicht einfach Startliste, sondern: „Who will jump in?“

06_Crew
Mein Dank gilt meinem Support-Team Martin Fleischhauer, Tobi Zöller und Maik Diergardt, die mich großartig unterstützt haben.

Gert Blumenstock

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