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FAZ: Darmstädter Triathlonwege

Darmstädter Triathlonwege
In der Ozeanien Base wohnt ein Favorit, der keiner sein will, während Frank Vytrisal für seinen Abschied trainiert

DARMSTADT. Ozeanien Base – das klingt nach einem Haus, in dem Fische hinter Glaswänden schwimmen. Doch die Ozeanien Base in Darmstadt-Eberstadt sieht aus, wie ein gewöhnliches Wohnhaus aus den 1950er Jahren eben aussieht. Es leben keine Fische darin, sondern „Kiwis“. So nennen sie hier liebevoll ihre Neuseeländer. Seit 15 Jahren besteht der Kontakt zur anderen Seite der Erde. Denn Sport verbindet. Die Kiwis kommen, um zu trainieren. „Die Bedingungen hier sind perfekt“, sagt der prominenteste von ihnen, Cameron Brown. Im vergangenen Jahr war er Dritter beim Ironman in Frankfurt. In diesem Jahr gilt er als Favorit. Nur: Diese Rolle behagt ihm nicht so recht. Das merkt man ihm an, bei diesem Termin unweit der Ozeanien Base, in die er sich wie im Jahr zuvor einquartiert hat. Der Hauptsponsor des Darmstädter Schwimm- und Wassersport-Clubs (DSW) hatte zur Pressekonferenz in seine Firmenzentrale geladen. Und viele bekannte Athleten sind gekommen – die Kiwis sogar zu Fuß, in Shorts und Flip-Flops.
Darmstadt ist eine Triathlon-Hochburg mit einem Ruf, der über Ozeane hinweg reicht, bis nach Ozeanien. Von dort kommen regelmäßig Athleten nach Eberstadt, um hier zu leben, für den DSW in der Bundesliga zu starten – oder um sich auf eines der wichtigsten Ereignisse der Saison vorzubereiten: den Ironman Frankfurt. Der ist, so stellt Cameron Brown fest, „der zweithärteste der Welt“, nach dem auf Hawaii. Warum? „Frankfurt ist das Heimspiel der Deutschen“, die seien hier besonders motiviert und deshalb nur sehr schwer zu schlagen. Favorit sei deshalb nicht er, sondern Michael Raelert, der jüngere Bruder des Vorjahressiegers Andreas Raelert. Brown gibt einen Platz auf dem Podest als sein Ziel an. Ob sich diese Aussage als neuseeländisches Understatement erweist, wird er am 24. Juli zeigen. Im Main, am Main entlang und um den Main herum.

Für den Darmstädter Frank Vytrisal wird sein Heimspiel in Frankfurt der letzte Ironman, den er als Profi bestreitet. Im vorigen Jahr hatte er schon einmal seinen Abschied angekündigt – und danach trotzdem weitergemacht. „Diesmal ist es wirklich endgültig.“ Frank Vytrisal lacht, er ist gut gelaunt, keine Spur von Abschiedsmelancholie. Er ist 43 Jahre alt und sagt: „Ich bereue nichts, ich habe alles erreicht.“ Vor vier und fünf Jahren wurde er jeweils Dritter in Frankfurt. Er war der Amateur, der den Profis Beine machte. Vytrisal arbeitete damals als Berufsschullehrer. Vollzeit. 2008 entschloss er sich, doch noch Profi zu werden. Damit wird nach dieser Saison nun Schluss sein. Er geht zurück in seinen alten Beruf, zurück in die Schule. „Da bin ich privilegiert. 99 Prozent der Profis wissen nicht, was sie nach ihrer Karriere machen sollen.“ Nach dem Ende seiner Profilaufbahn wird er wohl auch seine Trainertätigkeit ausweiten. Er betreut derzeit gemeinsam mit der früheren Olympiateilnehmerin Petra Wassiluk das in diesem Jahr gegründete Langdistanz-Nachwuchsteam des DSW. Frank Vytrisal ist denselben Weg gegangen, den gerade zahlreiche junge Triathlontalente in Darmstadt nehmen. „Ich habe 1973 beim DSW mit Schwimmen angefangen und danach die klassische Schule durchlaufen.“
Martin Westermann, der Sportliche Leiter des DSW, nennt einen solchen Werdegang den „Darmstädter Weg“. Dieser sieht vor, eigene Talente zu entdecken und zu entwickeln. Es ist ein am Anfang steiniger Weg, der sich aber irgendwann auszahlt. Der DSW verzichtet, so weit es geht, auf Stars aus dem Ausland: Zwei Kiwis führen das Bundesligateam aus Nachwuchsathleten aus der eigenen Jugend an. Die Mannschaft ist eine der jüngsten der Liga. Zum Darmstädter Weg gehört auch, dass die Erfahrenen für die Jungen da sind. Zu den Jungen im Ironman-Geschäft zählt auch Susan Dietrich, 30 Jahre alt. „Ich frage die Nicole öfter mal um Rat“, sagt sie. Die Nicole sitzt einen Tisch weiter, grinst und nickt. Nicole Leder, 39 Jahre alt, ist eine Größe im deutschen Triathlon. 2007 gewann sie in Frankfurt, 2008 wurde sie Zweite. Susan Dietrich ist seit vorigem Jahr Profi. Der Ironman Frankfurt wird ihr zweiter überhaupt sein – und der zweite in Frankfurt. Bei ihrem ersten Start hatte sie mit Rang sieben die Fachwelt und sich selbst überrascht. „Diesmal will ich eine bessere Zeit.“
Frank Vytrisal ist es relativ egal, wie lange er am Sonntag braucht, um 3,8 Kilometer zu schwimmen, 180 Kilometer Rad zu fahren und 42,2 Kilometer zu laufen. „Ich hätte nur gerne einen hundertprozentigen Tag“, sagt er. Einen Tag, an dem alles läuft, an dem die Schmerzen erst sehr spät kommen und einem nichts ausmachen. „Ich will noch einmal ein Rennen, das sich von vorne bis hinten gut anfühlt.“ Die Plazierung werde dann von ganz alleine gut.
Der Gast aus Neuseeland hat wohl insgeheim andere Ziele. Warum die Kiwis so gute Triathleten seien, wird Cameron Brown gefragt. „Das liegt an unserer Mentalität“, sagt er und lacht: „Wir wollen von Geburt an die Welt erobern.“ Für dieses Ziel arbeitet er hart. Im vergangenen Jahr bereitete er sich vier Wochen lang in Eberstadt darauf vor, das nahe Frankfurt – zumindest sportlich – zu erobern. In diesem Jahr ist er zwei Wochen lang hier. „Die Laufstrecken in der Umgebung gehören zu den besten der Welt.“ Der Untergrund ist schön weich. Man kann weit laufen. Sehr weit. „Heute habe ich mich leider verirrt.“ In Frankfurt wird ihm das nicht passieren. David Binnig

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.07.2011 Seite 44

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