Von Frank Hellmann, Frankfurter Rundschau
Es sind nur noch zwei Wochen bis zum alljährlichen Showdown auf Big Island. Im Oktober ist die größte Insel des Hawaii-Archipels traditioneller Austragungsort des bedeutendsten Triathlons der Welt. Kurt Denk, Veranstalter des Frankfurter Ironman, urlaubt bereits auf der Trauminsel. Wenn der Maintaler, der sich einst als Surflehrer verdingte, dieser Tage zurück vom Wellenreiten kommt, sucht er sich danach flugs einen Internetanschluss. Denn das Surfen durchs World Wide Web ist derzeit unerlässlich, um sich über die unschönen Entwicklungen im deutschen Triathlon auf dem Laufenden zu halten.
Da geht nämlich gerade auf Funktionärsebene die so gern mystifizierte heile Welt zu Bruch. Der derzeitige Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU), Rainer Düro, hat Strafanzeige gegen seinen Amtsvorgänger Klaus Müller-Ott angestrengt. Im Februar war Müller-Ott spektakulär gestürzt, nachdem seine Umzugspläne der Verbandszentrale von Frankfurt nach Hamburg als Alleingang enttarnt wurden. Und noch mehr: Das renommierte Wirtschaftsprüfungsunternehmen PWC hat nun erhebliche Unregelmäßigkeiten im Abrechnungsverhalten offen gelegt. Die Höhe der Rückforderungen soll sich auf 100.000 Euro belaufen. Etwa habe Müller-Ott in seiner Arztpraxis eine zweite Geschäftsstelle unterhalten und nicht genehmigt, überdies Spesen nicht ordentlich eingereicht. “Daraus ist erheblicher Schaden für die DTU entstanden”, sagt Düro, der keine andere Wahl sah, als die Staatsanwaltschaft zu alarmieren.
Fragwürdiger Leder-Freispruch
Weil er selbst an Herzrhythmusstörungen leide, werde er beim außerordentlichen Verbandstag am 8. November zurücktreten. “So war das immer verabredet”, sagt der 62-Jährige, dessen Nachfolger eigentlich Klaus Steinbach werden soll. Aber schon bei den Olympischen Spielen fand der frühere NOK-Chef und Leistungsschwimmer an der Triathlon-Strecke in Peking bei übereifrigen Volunteers keinen Einlass, um Olympiasieger Jan Frodeno persönlich zu gratulieren. Eine Szene mit Symbolcharakter? “Es gibt keinen Gesprächsbedarf”, lässt Steinbach genervt mitteilen. Vielleicht ahnt der 54-Jährige, auf was er sich einlassen würde.
Ironblog
FR-Redakteur Oliver Bechmann beschreibt Trainings-Freud’ und -Leid im Ironblog. Die Dachorganisation der 27.000 Mitglieder – mindestens die fünffache Zahl betreibt in Deutschland Triathlonsport – gilt nicht gerade als professionell. Der von der DTU-Spitze vorschnell zu den Akten gelegte Fall Lothar Leder steht exemplarisch für manch Versäumnis. Nachdem die australische Antidoping-Agentur am Radprofi Mark Roland kürzlich ein Exempel statuierte, weil allein aufgrund einer wissenschaftlichen Beweisführung eine Zweijahressperre wegen des Gebrauchs von Wachstumshormonen ausgesprochen wurde, erscheint der Freispruch für den Darmstädter Ironman in einem noch fragwürdigeren Licht. Düro sprach selbst von zwei wissenschaftlichen Gutachten, die eine 99,9-prozentige Blutmanipulation belegen würde. Dennoch segnete der frühere Hobbytriathlet den Leder-Freispruch ab und sieht auch keine Veranlassung, den Fall neu zu bewerten. “Das ist für mich jetzt weit weg”, erklärt Düro. “Das ist unbedarft und inkonsequent”, entgegnet Denk, “die Australier zeigen Stirn, die Deutschen ducken sich.”
Düro möchte immerhin nun zur Verbesserung der Fachkompetenz den Darmstädter Arzt und medizinischen Direktor des Frankfurter Ironman, Klaus Pöttgen, beratend für die DTU gewinnen. Der 44-Jährige sagte sofort zu, um die veraltete DTU-Antidoping-Ordnung dem neuen Wada-Code anzupassen.
Düro forderte seine verantwortliche Justiziarin Claudia Wisser schriftlich auf, ” zu Potte zu kommen” und unterbreitete für Ende September und Anfang Oktober konkrete Terminvorschläge für ein Treffen mit Kompetenzträger Pöttgen. Antwort der DTU-Vizepräsidentin: “Ich kann an keinem der Termine. Auch danach kann ich meine Termine nicht abschätzen.” Ernsthafte Dopingbekämpfung geht anders. Und professionelle Verbandsführung auch.
